28 Aug TREND #FOODLABORATORY: IN-VITRO, INSEKTEN ODER PFLANZLICHE PROTEINE – WAS SETZT SICH IN ZUKUNFT DURCH?
Winston Churchill wusste bereits 1932, dass wir in Zukunft synthetisches Essen zu uns nehmen werden – das zeigte uns Jörn Kabisch, Food-Journalist und Mitautor des “Fleischatlas” auf unserer trendvernissage im April:
„Wir sollten der Absurdität entkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, von dem wir nur die Brust oder die Flügel essen, indem wir diese Teile separat unter passenden Umständen züchten. Synthetisches Essen wird in Zukunft sicherlich verwendet werden.“ – Winston Churchill, 1932
Und das klingt auch plausibel, wenn man sich folgende Zahlen durch den Kopf gehen lässt:
- 15.000 Liter Wasser benötigen Hersteller im Durchschnitt, um ein Kilo Fleisch zu produzieren.
- Die fünf größten Fleisch- und Molkereikonzerne verursachen bereits jetzt mehr Treibhausgase als die Ölkonzerne Exxon-Mobil, Shell oder BP.
- Bis 2050 werden Schweine, Kühe und Hühner für 80 Prozent der Klimagase verantwortlich sein (bei gleichbleibendem Wachstum der Branche).
- 2050 sollen 470 Mio. Tonnen Fleisch produziert werden. Zum Vergleich: 1961 waren es 71 Mio. Tonnen. (Quelle: Vereinte Nationen)
Die Möglichkeiten der konventionellen Landwirtschaft sind langsam erschöpft: zunehmende Trockenheit, Bodenerosion, der Verlust von Nährstoffen, Belastung durch Dünger und Pestizide. Dazu kommt die Überbevölkerung, die die Nahrungsmittelproduktion an ihre natürlichen Grenzen stoßen lässt.
Einige Start-ups in den USA, den Niederlanden oder Israel forschen schon seit Längerem an Fleischalternativen oder Proteinquellen. Inzwischen kristallisieren sich drei mehr oder weniger vielversprechende Ersatzmöglichkeiten heraus: In-vitro Fleisch, Insekten und pflanzliche Proteine:
1. In-vitro-Fleisch
Diese Alternative ist nicht komplett „tierfrei“: Aus den Stammzellen eines Rinds wird in einer Petrischale künstliches Fleisch gezüchtet. Der wohl bekannteste „Kunstfleisch-Züchter“ ist der Niederländer Mark Post. Er präsentierte 2013 den ersten im Labor gezüchteten Burger, der stolze 250.000 Euro kostete. Vier Jahre später behauptete er, dass er mit einem Bioreaktor innerhalb von zehn Wochen Fleisch für 12.000 Burger produzieren könnte – der Preis pro Burger läge dann nur noch bei 8,50 Euro.
2. Insekten
Kaum zu glauben, aber es gibt ca. 1900 essbare Insektenarten. Die Zucht der proteinreichen und fettarmen Tierchen ist simpel und in einigen Ländern schon längst Praxis. In Finnland findet man zum Beispiel schon allerlei Produkte, die Insekten beinhalten, von Brot über Proteinriegel hin zu Pasta. Seit Januar hat auch die EU mit einer neuen Verordnung den Weg für „Insekten-Ware“ frei gemacht. Die ersten Start-up-Produkte sind bereits in die Supermärkte eingezogen.
3. Pflanzliche Proteine
In Kalifornien arbeitet man inzwischen an Fleischersatz, der komplett ohne Tierzellen auskommt. Das Start-up Impossible Foods, gegründet von Patrick Brown, produziert Fleisch aus pflanzlichen Proteinen. Hierbei wird der sogenannte Blutersatzstoff „Heme“ aus Pflanzenwurzeln mit Zutaten wie beispielsweise Kokosnussöl, Sojaprotein und Weizeneiweiß gemischt. Das Heme sorgt für echten Fleischgeschmack und lässt das Fleisch sogar bluten.
Falls sich nur eine dieser drei alternativen „Fleischprodukte“ tatsächlich durchsetzen und in Deutschland etablieren würde, wäre dies ein gewaltiger Umbruch, denn das Schlachterei- und Fleischverarbeitungsgewerbe ist momentan noch besonders lukrativ und die Umsätze steigen. Nur wenige der großen Fleischproduzenten zeigen sich daher bislang offen gegenüber Alternativen und Start-ups, die dazu forschen. Das liegt wohl auch daran, dass die deutschen Konsumenten dem Thema noch sehr skeptisch gegenüberstehen. Aber wer weiß, wenn es preislich und geschmacklich überzeugt, wird dieser Umbruch vielleicht doch nicht so lange auf sich warten lassen.
Welche Alternative würdet ihr wählen?
Quellen:
Präsentation Jörn Kabisch: https://prezi.com/view/gS4kR849yhdwSxhycX9d/
https://media.handelsblatt.com/handelsblatt/specials/kunstfleisch/index.html?nlayer=9999901
https://ngin-food.com/artikel/insekten-startups-supermarkt/