Führung in Teilzeit – „Die Mischung macht‘s!“

Was gute Führung braucht: Prioritäten, gelungene Kommunikation und ein starkes Team. Marisas Herausforderungen und Learnings als Führungskraft in Teilzeit.

Seit Jahren hält sich bei einigen hartnäckig das Gerücht, dass Führung mehr mit Quantität als Qualität zu tun hat. Immer anwesend, immer erreichbar: Wer so denkt, hat das Prinzip von guter Führung noch nicht verstanden. Herausragende Leistungen können auch in deutlich weniger als vierzig Stunden erbracht werden – und das bei einer guten Work-Life-Balance. Dennoch ist der Anteil der Führungskräfte in Teilzeit gering. Neben finanziellen Einbußen fürchten viele verpasste Aufstiegschancen und Autoritätsverlust. Marisa Nachtigall, Director Storytelling & Employer Comms bei Adel & Link, hat es trotzdem gewagt: Wie sie ihren Arbeitsalltag als Führungskraft in Teilzeit gestaltet, erzählt sie uns im Interview.

Marisa Nachtigall ist Director Storytelling & Employer Comms in Teilzeit.

Hej Marisa, seit wann bist du denn bei Adel & Link? Arbeitest du schon immer in Teilzeit?

Ich habe 2015 als Junior Consultant in Vollzeit mit vierzig Stunden angefangen, wurde dann Senior und 2021 zum Director befördert. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits schwanger und wusste, dass ich nach der Elternzeit erst mal mit zwanzig Stunden an vier Tagen zurückkommen wollte. Heute arbeite ich vier Stunden mehr pro Woche.

Inwiefern hat Adel & Link dich dabei unterstützt, in Teilzeit als Führungskraft zu arbeiten?

Ich bin froh, in einer familienorientierten Agentur zu arbeiten. Natalie und Matthias haben Adel & Link ja auch in Teilzeit gegründet. Es war cool, dass ich befördert wurde, während ich schon schwanger war. In vielen großen Agenturen gibt es noch immer diesen Druck, möglichst lange und viel zu arbeiten – aber das sagt nichts über die eigene Leistung und die Ergebnisse aus. Viel wichtiger ist doch, dass wir uns im Team gut organisieren und Aufgaben sinnvoll verteilen.

Was sind die größten Herausforderungen für dich?

Mein Struggle ist, dass ich beidem gerecht werden will: Mutter sein und trotzdem Karriere machen. Ich arbeite gern und ich bin auch froh, dass ich nach den 15 Monaten wieder angefangen habe. Aber ich musste lernen, Prioritäten zu setzen. Am Anfang war es schwierig, so wenig Zeit für meine Arbeit zur Verfügung zu haben. Fünf Stunden gehen schnell rum und gerade in meiner Rolle hast du auch viele Meetings oder musst Absprachen treffen. Ich wurde aber auch effizienter und habe teilweise mehr geschafft, als ich gedacht hätte.

Wer in Teilzeit arbeitet, muss täglich Prioritäten setzen, um nicht im Work-Life-Chaos unterzugehen.

 

Wie wirkt sich dein Arbeitszeitmodell auf dein Team aus?

Mein Team fängt meine Abwesenheit einfach super ab. Wenn du Kolleg:innen hast, mit denen du dich austauschen kannst, macht das vieles einfacher – wir ergänzen uns da alle sehr gut. Dadurch, dass ich Arbeit und Privates nicht strikt trenne, bekomme ich viel mit, auch wenn ich den Nachmittag frei habe. Das ist mir dann lieber so, als wenn alles explodiert, wenn ich morgens an den Schreibtisch komme.

Gab es vorher Bedenken wegen der reduzierten Stundenzahl?

Ich wurde von allen Seiten sehr unterstützt. Ich habe von Anfang an offen kommuniziert, dass ich in Teilzeit wiederkommen möchte und das war gar kein Problem. Auch privat hat die ältere Generation das gut aufgenommen. Das klassische Hausfrauenmodell gibt es einfach nicht mehr, allein schon aus finanziellen Gründen.

Wäre auch Jobsharing eine Option für dich?

Im Prinzip machen wir das schon. Da mein Team und ich ein gemeinsames Postfach haben, kann im Zweifel eine Kollegin übernehmen. Ich finde ein Jobsharing-Modell super, weil es mehreren Menschen ermöglicht, eine Führungsrolle einzunehmen – insbesondere Frauen. Meistens sind es ja weibliche Personen, die in Teilzeit arbeiten und in manchen Branchen gar nicht erst in die Führungsetagen gelangen. Das finde ich schade. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass auch Männer öfter in Teilzeit arbeiten.

Mit guter Teamarbeit wird der Job für alle leichter.

Was sind für dich die Voraussetzungen für eine gelungene Teilzeit?

Dass man ehrlich und offen kommunizieren kann. Auch über Privates – da muss es nicht um Kinder gehen, es gibt ja auch andere Lebensinhalte, über die wir uns austauschen. Die zweite Voraussetzung ist für mich, dass wir uns Aufgaben aufteilen und uns absprechen. Es geht in erster Linie um Teamwork!

Auch Homeoffice macht vieles einfacher: Ich gebe mein Kind bei der Tagesmutter ab und fünf Minuten später sitze ich am Schreibtisch. Außerdem hat mir geholfen, dass ich bereits eine Kollegin hatte, die als Führungskraft in Teilzeit gearbeitet hat. Daran habe ich gesehen, dass es funktioniert.

Was hast du aus deiner Teilzeit gelernt?

Manchmal lohnt es sich, Dinge einfach auszuprobieren. Mir ist eine gesunde Work-Life-Balance wichtig, weil mir eins klar geworden ist: So viel Zeit wie jetzt verbringe ich nie wieder mit meinem Kind. Das will ich genießen und mich trotzdem beruflich weiterentwickeln und mit Spaß bei der Sache sein. Die Mischung macht’s!

Was würdest du einer Führungskraft raten, die auch in Teilzeit gehen will?

Ich kann jetzt nur von uns sprechen, wo Führung in Teilzeit super umsetzbar ist. Offene Kommunikation ist für mich auch hier der Schlüssel: Also auf jeden Fall ansprechen, die eigenen Wünsche kommunizieren und dann mit dem Arbeitgeber eine Lösung finden.

Vielen Dank für deine Zeit, Marisa!

 

Über die Autorin: Laura Finckh ist Junior Texterin der Storytelling & Employer Comms Unit. Mit ihrem Abschluss in Literatur und Anglistik sammelte sie erste Erfahrungen in Verlagen, Vereins-PR und einer Zeitschriftenredaktion. Ob Copywriting, Lektorieren, Übersetzen oder Prompten – Lauras Gespür für Sprache und Kommunikation lässt sie nie im Stich.

 

 

 

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