15 Sep Sustainable by Default – Nachhaltig? Das war keine Absicht!
Auch wenn wir inzwischen in vielerlei Hinsicht nachhaltiger agieren als noch vor zehn Jahren: Das nötige Wissen und der gute Wille allein sind es nicht, die uns derzeit zum Umdenken bewegen. Darauf zielt unser Trend „Sustainable by Default“ ab, den wir bei Adel & Link für 2023 identifiziert haben. Übersetzt bedeutet das so viel wie „automatisch nachhaltig“ – denn die Nachhaltigkeit selbst ist nicht immer der größte Motivator für unser Handeln.
Nebenbei nachhaltig – mit Erfolg
Nicht zuletzt die Dürren, Waldbrände und anderen Extremwetterereignisse der letzten Jahre zeigen: Der Klimawandel ist real und betrifft uns alle. Und doch erschien er vor allem Menschen, die in gemäßigteren Zonen leben, sehr lange ganz weit weg und darüber hinaus deutete alles darauf hin, dass wir die Klimaziele 2020 verfehlen würden.
Doch dann kam Corona. Die Welt stand gefühlt innerhalb weniger Tage still. Der Flugbetrieb wurde eingestellt, Häfen waren frei von Kreuzfahrtschiffen und auf den Straßen war es auf einmal sehr viel leerer, weil viele Menschen im Homeoffice arbeiteten, statt mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Entgegen allen Erwartungen erreichte Deutschland auf den „letzten Metern“ noch seine Klimaziele. Ohne die weitreichenden Einschränkungen wäre das nicht der Fall gewesen. Wir lebten sozusagen nachhaltig wider Willen – denn erst die weltweite Krise hat uns dazu gezwungen, unser Verhalten zu ändern. Wir waren auf einmal umweltbewusster, weil es gar nicht anders möglich war, und nicht, weil wir uns aus freien Stücken dazu entschieden. Ein nachhaltiges Leben wurde zum neuen Standard, ohne dass wir es beabsichtigt hatten.
Automatisch auf Sparmodus
Dass die nächste Krise nicht lange auf sich warten lässt, wurde uns Anfang des vergangenen Jahres auf traurige Art und Weise bewusst. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hatte auch Folgen für die globale Wirtschaft, die Landwirtschaft und vor allem die Energieversorgung. Unsere Gesellschaft schaltete infolge dieser neuen Krise gefühlt automatisch auf Sparmodus.
Seien es Heizkosten, Strom, Wasser oder der möglichst günstige Einkauf im Supermarkt – Tipps für einen umweltbewussteren Alltag waren spätestens mit Wintereinbruch hoch im Kurs und keine Zeitung, kein Magazin, kein Instafeed machte davor Halt. Die Tipps und Trends, die dadurch die Runde machten, sorgen teilweise für Stirnrunzeln und bringen uns bei all den deprimierenden Nachrichten schon fast wieder zum Schmunzeln. Denn wann raten Spitzenpolitiker:innen schonmal dazu, einfach den Waschlappen zu benutzen, statt zu duschen? Manche gehen auch so weit, das Ganze als „Non-Bathing“, also „Nicht-Baden“ in einen Trend umzumünzen.
Mit Lifehacks und Spartipps versuchen wir also seither, die explodierende Kosten in Zaum zu halten – und natürlich auch weniger von der plötzlich wertvoller scheinenden Energie zu verschwenden. Denn erwiesenermaßen ist die Senkung des Strom-, Gas- und Wärmeverbrauchs ein wichtiges kurz- und mittelfristiges Ziel, um die deutschen Klimaziele zu erreichen und die Energiekrise zu bewältigen.
Wie viel Nachhaltigkeit bleibt?
Am 2. August war der „Erdüberlastungstag“ erreicht – also der Tag, an dem alle für dieses Jahr zur Verfügung stehenden Ressourcen der Erde aufgebraucht sind. Das bedeutet, dass alles, was wir ab diesem Tag verbrauchen, dem Planeten schadet. Da der Verbrauch in der Regel jedes Jahr unterschiedlich ist, verschiebt sich dieser Tag nach hinten oder nach vorne. Auf diese Weise können wir feststellen, ob wir sparsamer gelebt haben, oder das Gegenteil der Fall war.
Denn wie schnell wir unsere Gewohnheiten in einigen Bereichen nach Ende der Einschränkungen wieder umstellen können, zeigt eine ADAC Tourismusstudie: 2022 näherte sich das Reiseverhalten der Deutschen wieder dem Vorkrisenniveau. Dabei ist ein Großteil unserer Gesellschaft durchaus motiviert, mehr für unsere Umwelt zu tun: Laut einer Umfrage des Umwelt Bundesamts aus dem Jahr 2022 ist für 57 Prozent der Befragten das Thema Umwelt- und Klimaschutz sehr wichtig. Zudem sind die Befragten der Ansicht, dass in vielen Politikbereichen der Umwelt- und Klimaschutz eine größere Rolle spielen sollte.
Natürlich sind vor allem Regierungen und einflussreiche Konzerne zum Handeln gefordert und viele Entscheidungen können wir nicht selbst treffen. Dennoch haben wir als Gesellschaft gezeigt, dass wir umweltbewusster leben können, wenn es darauf ankommt. Und wenn wir einige umweltfreundlichere Gewohnheiten auch über temporäre Krisen hinaus beibehalten, hilft das schon eine Menge. Denn eines ist sicher – die Klimakrise wird uns weiterhin beschäftigen.
Text: Rebekka Miller
Header: Adel & Link HIVE Studios
Bilder: Unsplash, Andre Taissin (Sparschwein), Markus Spiske (Brause & One World)