Work-Life-What? – Wie viel Arbeit, wie viel Leben?

Leben und Arbeiten – harter Widerspruch oder alles easy in Balance? Autorin Laura fragt sich, was New-Work-Maßnahmen eigentlich bringen, welche Bedürfnisse die verschiedenen Generationen haben und wie wir alle mehr Zufriedenheit erlangen können.

 

Dass wir bei Adel & Link viel von einer gesunden Work-Life-Balance und New Work halten, ist kein Geheimnis. Hier gibt es Gleitzeit, monatliches Yoga, Homeoffice, Führungskräfte in Teilzeit, Working away from Home und den „Blau-mach-Tag“ (BMT), der uns zwölf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr beschert. New Work ist aber nicht mehr nur den hippen Bürojobs vorenthalten. Selbst in der Pflege und im Handwerk wird nachjustiert und öfter auf die Vier-Tage-Woche oder andere Work-Life-Balance-Benefits gesetzt, um Mitarbeiter:innen zu halten und zu gewinnen. Die positiven Effekte machen sich bemerkbar: Mehr Ausbildungsverträge, weniger Krankheitsfälle bei gleichbleibender oder sogar steigender Produktivität. Warum nutzen dann nicht noch mehr Unternehmen New-Work-Maßnahmen, die sowohl Betrieb als auch Angestellten guttun? Und worum geht es hier wirklich?

New Work – Freiheit oder Überforderung?

Work-Life-Balance beschreibt das Gleichgewicht zwischen beruflichen und persönlichen Verpflichtungen. In der modernen Arbeitswelt gibt es immer mehr innovative Konzepte, die diese Vereinbarung von Privatem und Beruflichem voranbringen sollen. Stichwort: New Work. Zum Beispiel ermöglicht das Arbeiten im Homeoffice mehr Zeitsouveränität: Statt Zeit für das Pendeln aufzuwenden, können wir sie für Hobbys, Care-Aufgaben und mehr nutzen. Zudem kann eine individuell gewählte Arbeitsumgebung die Produktivität steigern. Auch New Leadership wird immer mehr zum Thema: Flache Hierarchien und maximale Transparenz sowie die Förderung von Eigenverantwortung und Selbstbestimmung führen zu höherer Motivation am Arbeitsplatz. Job Sharing ermöglicht es mehreren Mitarbeitenden, sich eine Stelle zu teilen, was vor allem Menschen mit Betreuungspflichten für Kinder oder ältere Angehörige neue Karrierechancen eröffnet.

Allerdings ergeben sich durch New Work auch Herausforderungen für eine gesunde Work-Life-Balance: In der neuen Arbeitsumgebung ist es leicht, sich überfordert zu fühlen, da alle mehr Verantwortung tragen müssen. Im Homeoffice kann die Trennung von Arbeitsplatz und Privatleben verschwimmen. So ist die Arbeit häufig noch präsent, wenn wir eigentlich gerade abschalten und entspannen wollen.

Bei allen Vor- und Nachteilen von New Work bleibt auch die Frage, was wir mit der im Idealfall gewonnen Freizeit überhaupt anfangen. Gerade zu Hause sind uns Tablet und TV die Nächsten, wie der Freizeit-Monitor von ZDF zeigt. Nur die Hälfte der Befragten tut in dieser Zeit beispielsweise etwas für die eigene Gesundheit. Würden wir daher wirklich das transformative Potenzial der gewonnenen Zeit ausschöpfen? Die Umwelt retten, ein Ehrenamt ausüben oder für Völkerverständigung demonstrieren? Machen wir uns selbst etwas vor, wenn wir glauben, mehr Freizeit zu brauchen? Zudem stellt sich verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen die Frage nach der Ausgestaltung nicht in im selben Maß. In der Zeit, die nicht von Erwerbsarbeit gefüllt ist, müssen viele Care-Arbeit leisten und sich um pflegebedürftige Angehörige oder kleine Kinder kümmern.

Wie wir arbeiten wollen, ist auch eine Generationenfrage

New Work umfasst also nicht nur den wöchentlichen Obstkorb oder ergonomische Stühle für alle, sondern ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das jede:r von uns mitgestaltet. Denn die Menschen, die dem Arbeitsmarkt aktuell zur Verfügung stehen, entstammen ganz verschiedenen Generationen und haben jeweils ganz eigene Lebensumstände, Bedürfnisse und Ansprüche. Eine Gegenüberstellung macht das besonders deutlich.

Während die Babyboomer (Jahrgänge 1946–1964) als zuverlässige „Workaholics“ gelten und sich stark über ihre Jobs identifizieren, fragen Angehörige der Generation X (Jahrgänge 1965–1979) danach, was die Arbeit für sie tun kann, denn Stabilität und Sicherheit stehen hier an erster Stelle. Die Generation Y (Jahrgänge 1980–1994) stellt vermehrt Sinnfragen und fordert eine gesündere Work-Life-Balance. Sie stellt hohe Ansprüche an die Arbeitgeber und sucht nach Identifikation und Wohlfühlfaktoren im Unternehmen. Das Schlusslicht und „Sorgenkind“ des Arbeitsmarkts bildet die Generation Z (Jahrgänge 1995–2010), die dem Job nicht die allererste Priorität einräumt. Ihre Vertreter:innen legen den Fokus auf das Hier und Jetzt und weniger auf eine wohlsituierte Zukunft. Denn von einer Welt, die konsequent einem emissionsintensiven Lebensstil huldigt – schnelle Autos, Urlaubsflüge, Einfamilienhäuser –, wird nach dem Abdanken der Babyboomer nicht viel übrigbleiben. Kein Wunder, dass angesichts dessen und diverser globaler Krisen die Gen Z die unglücklichste Altersgruppe darstellt: Warum vierzig Jahre lang vierzig Stunden die Woche malochen, wenn ein ruhiger und sicherer Lebensabend im Eigenheim wahrscheinlich unerreichbar ist? „Die Älteren schaffen es oft nicht, diese Lebenswirklichkeit zu berücksichtigen und zu verstehen“, erklärt der Generationenforscher Rüdiger Maas. Auch deshalb begegnen uns häufig Sätze wie „Die Jungen wollen nicht mehr arbeiten“ oder „Früher gab es keine Work-Life-Balance und das hat uns auch nicht geschadet“. Dabei wollen wir im Grunde doch alle dasselbe: bessere Arbeitsbedingungen. So vielfältig wie wir es sind, sollte deshalb auch unsere Arbeitswelt werden.

Wie wollen wir leben?

Auch wenn Ideen wie ein allgemeines Grundeinkommen bereits diskutiert werden, ist die Notwendigkeit von Arbeit in der Gesellschaft der Zukunft unverhandelbar. Die Frage ist deshalb nicht, ob wir arbeiten, sondern wie wir es tun. Die aktuell stattfindenden Transformationsprozesse in diesem Bereich machen „Work-Life-What?“ deshalb zu einem vielseitigen und spannenden Trend. Je nachdem, wo die Prioritäten und Bedürfnisse eines Menschen liegen, sollte der Arbeitsmarkt flexibel darauf reagieren können – vor allem angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels. Es geht nicht darum, Leben und Arbeit gegeneinander auszuspielen, denn sie stehen nicht in dem krassen Widerspruch, zu dem sie gemacht werden. Die Arbeit ist durch Homeoffice zu Hause eingezogen und genauso dürfen auch individuelle Bedürfnisse in der Arbeitswelt ihren Platz finden.

Um diese scheinbar unverrückbaren Fronten aufzulösen, wäre womöglich ein neuer Begriff (ja, noch einer) sinnvoll: „Ideal Work Lifestyle“ impliziert, dass Arbeit und Leben zusammengehören. Statt unsere Arbeit aus dem Privatleben verdrängen zu wollen, sollten wir lernen, sie auf eine gesunde Weise darin zu integrieren. New-Work-Maßnahmen können uns dabei unterstützen – sofern sie richtig eingesetzt werden und nicht zu undurchdachten „One fits all“-Scheinlösungen verkommen.

Wie so oft ist die Antwort auf eine vermeintlich simple Frage unendlich komplex. „Wie wollen wir leben – und arbeiten?“ kann nur von jedem und jeder einzelnen selbst beantwortet werden. Beruf und Berufung zu verschmelzen, könnte das nächste große Ziel der Arbeitswelt und der Schlüssel zu mehr Zufriedenheit für alle sein.

Über die Autorin: Laura Finckh ist Junior Texterin der Storytelling & Employer Comms Unit. Mit ihrem Abschluss in Literatur und Anglistik sammelte sie erste Erfahrungen in Verlagen, Vereins-PR und einer Zeitschriftenredaktion. Ob Copywriting, Lektorieren, Übersetzen oder Prompten – Lauras Gespür für Sprache und Kommunikation lässt sie nie im Stich.

 

 

 

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